Die Produktion des Spielfilms „Parasozial – Fiktive Detektive“ war ein sehr persönliches Projekt und befasst sich inhaltlich mit der Wahrnehmung von Fiktion und Wahrheit, dem berüchtigten „wahren Kern“ einer Erzählung und vordergründig dem Thema Eskapismus.
Das Drehbuch habe ich während meiner ersten drei Semester im Studienfach Medienkunst/-gestaltung mit der Intention verfasst, ein Plädoyer für die, im deutschen Film so rare Realitätsflucht zu schaffen. Gerne lassen wir uns von internationalen Produktionen in fremde, verzerrte oder surreale Welten entführen - diese Gedanken selbst im Kino zum Ausdruck zu bringen, liegt uns allerdings fern. In unserem Spielfilmprojekt rücken wir einerseits genau diese Thematik in den Mittelpunkt und erschaffen andererseits mit der Detektivin „Emma Cooper“ bzw. „Lottie“ einen Charakter, der den Zuschauer die parasoziale Hingabe des Hauptcharakters Vincent verstehen lässt.
Erzählt wird die Geschichte eines Menschen, dessen Wunsch nach Eskapismus unerwartet erhört wird: Die fiktive Romanreihe und ihre Heldin „Emma Cooper“ stehen hier stellvertretend für jede Geschichte, die den Rezipienten dazu verleitetet hat, sich zwischen die Seiten eines Buches oder Einzelbilder eines Films zu wünschen.
Die logische Weiterentwicklung dieses Gefühls war für mich „parasoziale“, dennoch ehrlich empfundene Liebe; Vincent selbst beschreibt sein Verhältnis zu Emma Cooper als „sehr einseitige Fernbeziehung“. Sicherlich entfernen wir uns mit diesem Szenario nicht allzu weit von der Realität: In verschiedensten Internetforen fantasieren täglich tausende Menschen über Beziehungen zu fiktiven Figuren. Wir erheben weder einen warnenden Zeigefinger, noch glorifizieren wir die dargestellte Realitätsflucht. Unser Augenmerk liegt darauf, den Zuschauer diese Gefühle nachempfinden zu lassen.
Die zentralen Figuren in Parasozial haben alle mit Problemen zu kämpfen: Vincent ist nicht in der Lage, sich auf einen echten Menschen einzulassen, das Double Lottie sucht krampfhaft nach Anerkennung und wechselt täglich ihre Identität und dem Autoren Pax Pavcovic ist es nicht mehr möglich, eigene Ideen zu entwickeln. Dass die „fiktiven“ Figuren des Films (Emma Cooper und ihr Gegenspieler LeCoquin) vergleichsweise charakterlich flach bleiben, stellt bewusst eine Antithese dar: Im Umgang mit echten Menschen muss man sich oft unangenehmen Problemen stellen; ein Umstand, der eine Realitätsflucht in imaginäre Welten und Liebe zu glatt geschliffenen, fehlerfrei funktionierenden Figuren verlockend macht.
Am Ende des Films steht eine tröstliche Botschaft: In jeder Erzählung steckt ein Quäntchen Wahrheit. Unser Wunsch nach alternativer Realität ist nicht komplett unerfüllbar. Parasozial erzählt eine Geschichte, in der es um Geschichten geht und darum, wie wir sie wahrnehmen.
Der Autor Pax Pavcovic sagt innerhalb des Films, dass ein gutes Buch jeden Aufwand wert sei, wenn es am Ende nur gelesen und gemocht wird. Obwohl er sein eigenes Zitat massiv falsch interpretiert und als verbrecherische Rechtfertigung nutzt, kann ich meinen Charakter gut verstehen: Auch wir haben eine gute Geschichte zu erzählen und können es kaum erwarten, sie auf die Leinwand zu bringen.